Homöopathie

Vorgehensweise

Mit der Entdeckung des ähnlichkeitsprinzips hatte Hahnemann sein Ziel noch nicht erreicht. Es stellte sich nämlich heraus, dass Patienten, denen ein homöopathisches Arzneimittel verschrieben wurde, aber erst einmal eine so genannte Erstverschlimmerung zu erleiden hatten. Dies war eine Verstärkung der Beschwerden, die kurz nach Einnahme des Mittels entstand und Stunden oder Tage, ja manchmal sogar Wochen andauern konnte. Sie konnte damals recht beschwerlich sein.

Um die Erstverschlimmerung eines passenden homöopathischen Mittels zu verringern, begann Hahnemann, seine Medikamente zu verdünnen. Und tatsächlich wurde die Erstverschlimmerung weniger gravierend, je höher er verdünnte. Allerdings ergab dies einen Nachteil: Mit der Verdünnung verschwand nicht nur die Erstverschlimmerung sondern es verschwand auch die heilende Wirkung des Mittels. So stand Hahnemann wieder am Anfang.

Der nächste Schritt, den Hahnemann hierauf unternahm, ist - aus wissenschaftlicher Sicht des 21. Jahrhunderts betrachtet - äusserst merkwürdig. Nachdem er einen Arzneistoff 1:100 verdünnt hatte, schüttelte er die Lösung hundertmal mit einem kräftigen Schlag auf einen harten, aber leicht nachgiebigen Untergrund. Nach nochmaligem Verdünnen schüttelte er wieder hundertmal, und diesen Prozess wiederholte er einige Male. Nach Einnahme der in dieser Weise angereicherten Substanz verschwand die Erstverschlimmerung zwar genau so schnell wie bei seinen vorherigen Versuchen (bei denen er nur verdünnte), die heilende Wirkung blieb in diesem Fall jedoch vollständig erhalten!

Etwa 80 % der homöopathischen Mittel werden aus pflanzlichen Materialen gewonnen. Es gibt aber auch homöopathische Arzneien tierischen Ursprungs.

Eines der bekanntesten Mittel (Sepia) stammt z.B. vom Tintenfisch, weitere Mittel entstehen aus Giften von Schlangen, Spinnen oder Bienen.

Ferner gibt es auch homöopathische Mittel, die ihren Ursprung im Mineralienbereich haben, wie z.B. Kalzium, Schwefel, Phosphor, Magnesium usw. Dies sind alles nur Ausgangsstoffe. Man bekommt natürlich keinen reinen Schwefel oder Phosphor verschrieben. Durch einen langen und überaus präzisen Zubereitungsprozess, bei dem die ursprüngliche Substanz immer wieder verdünnt und geschüttelt wird, verschwindet der stoffliche und somit allenfalls giftige Anteil langsam aber sicher.

Man unterscheidet nach den verschiedenen Arten von Potenzen:

  • D-Potenz (=Dezimal) 1 : 10
  • C-Potenz (=Centesimal) 1 : 100
  • Q-Potenz = Verdünnung 1 : 50‘000

Vielleicht sind Ihnen diese eigenartigen Bezeichnungen auf einem homöopathischen Mittel auch schon aufgefallen. Die Bezeichnung C 30 bedeutet z.B., dass dieses Mittel 30 x im Verhältnis von 1 : 100 verdünnt und verschüttelt wurde. Aus der Physik wissen wir, dass ab einer C 12 kein Molekül der Ursubstanz mehr vorhanden ist. Von dieser Potenz an aufwärts wird es also sehr unwahrscheinlich, dass der Patient überhaupt noch ein Molekül der Arznei einnimmt. Trotzdem hat man mit höheren Potenzen erstaunliche Erfolge.

Ablauf der Therapie

In der Homöopathie behandelt man nicht eine Krankheit, sondern den Menschen. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zu anderen Therapieformen. Bei der Behandlung steht der Mensch als Ganzheit im Mittelpunkt, da die Erscheinungen und Symptome eines Menschen nicht losgelöst von dem Individuum betrachtet werden können.

Schon beim ersten Termin wird dem Patienten bewusst, dass ein grosser Unterschied zwischen einer ärztlichen und homöopathischen Praxis besteht. Nicht ein schneller Wechsel der Patienten bestimmt das Bild, sondern dem Kranken wird viel Zeit gegeben, um über seine Probleme zu sprechen.

Ein erster Besuch beim Homöopathen dauert dann auch sicherlich 1 - 2 Stunden. Diese Zeit ist notwendig, um alle Symptome eines Patienten zu erfassen. Hierbei ist der Homöopath nicht nur an den Körperlichen, sondern auch an den psychischen Symptomen interessiert, an allem Wichtigen, aber auch - und dies überrascht viele Patienten - an dem, was dem Patienten unwichtig erscheint.

Nicht nur alle Körperlichen Beschwerden werden besprochen, der Homöopath möchte auch wissen, ob es Umstände gibt, welche die Beschwerden verbessern oder verschlechtern, ob sie speziell während bestimmten Zeiten auftreten oder wie sich die Schmerzen anfühlen (Beispiel Kopfschmerzen: stechend, drückend, klopfend, pulsierend usw.). Im Weiteren sind Angaben über Nahrungsmittelverlangen und –abneigungen wichtig, Wetterfühligkeiten (ist dem Patienten schnell zu warm oder eher kalt), Besonderheiten beim Schlafen und Träumen. Mindestens genau so wichtig sind alle Aspekte der Gemütsverfassung (z.B. leichtes Weinen, Verlegenheit, Traurigkeit ..). Auch die mentale Funktion (Gedächtnis, Konzentrationsvermögen usw.) ist von Bedeutung.

Bei all dem aber ist es für den Homöopathen nötig, sich Aufzeichnungen zu machen. Alles, was für die Heilmittelfindung wichtig ist, wird wortwörtlich, in der Sprache des Patienten erfasst. Jede Unklarheit, jede Interpretation wird dabei vermieden.

Im Allgemeinen ist es so, dass der Homöopath nach diesem ersten Besuch das komplette Bild, das er von einem Patienten gewonnen hat, einer tieferen Analyse unterzieht, um so zu einer exakten Wahl des am besten passenden Arzneimittels zu kommen. Ein Hilfsmittel hierbei ist das Repertorium, ein dickes Buch, worin eine riesen Anzahl Symptome und die entsprechenden Arzneimittel übersichtlich aufgelistet sind. Meistens blättert der Homöopath schon während des ersten Besuches in diesem Buch herum oder er sieht auf dem Computerbildschirm nach. Dies tut er nicht etwa, weil er nicht weiss, wonach er sucht, sondern weil er alle Symptome des Patienten einordnet und sie somit mit denen im Repertorium vergleicht.

Besonders bei chronischen Leiden wie Rheuma , Asthma , Neurodermitis oder wiederkehrenden Entzündungsherden im Körper, aber auch akuten Leiden wie Kinderkrankheiten oder Grippe werden homöopathische Mittel in Form von Globuli (Milchzuckerkügelchen) oder Tropfen eingesetzt. Fälle aus der Chirurgie oder Notfallmedizin werden nicht oder nur begleitend mit homöopathischen Arzneimittel-Zubereitungen behandelt.

Für chronische Krankheiten verwendet man im Allgemeinen hohe, für akute hingegen niedrige Potenzen.

Von einer Selbstmedikation wird meistens abgeraten, da das passende Arzneimittel für jeden Patienten individuell gefunden werden muss und sich nicht nur nach den Symptomen, sondern auch nach individuellen Faktoren wie der Krankengeschichte, der Gemütsverfassung, den Lebensgewohnheiten und der Konstitution des Einzelnen richten sollte. Diese ermittelt der Arzt oder Heilpraktiker üblicherweise in einer umfangreichen Erstanamnese; es soll dann der gesamte Organismus, nicht nur ein einzelnes krankes Organ behandelt werden, und zwar mit nur jeweils einem Medikament, das speziell für den Patienten in seiner besonderen Situation gilt. Dies bedeutet, dass für verschiedene Menschen, die dieselben Symptome aufweisen, oft unterschiedliche Medikamente eingesetzt werden müssen.

Dauer der Behandlung

für die Dauer der Behandlung gibt es keine festen Richtlinien. Sie ist abhängig von vielen Faktoren. Es passiert höchst selten, dass jemand nach der ersten Behandlung vollkommen genesen ist und keinerlei Beschwerden mehr hat. Man kann sich sicherlich vorstellen, dass der Organismus vor allem dann Zeit benötigt, wenn man bereits einige Jahre unter einer chronischen Erkrankung gelitten hat. Die Dauer des Genesungsprozesses ist abhängig von der Vitalität des Patienten und der Dauer des Bestehens der Beschwerden.

Bei akuten Beschwerden vitaler Patienten (bei Kindern z.B.) kann eine Heilung innerhalb von Stunden (manchmal sogar Minuten) stattfinden. In den meisten chronischen Fällen jedoch dauert es ein paar Monate, manchmal sogar Jahre. Im letzteren Fall können 6-10 Termine pro Jahr notwendig sein.